Eine Nachlasspflegschaft, was ist das denn? Lesen Sie in diesem informativen Artikel alles Wichtige zu dieser erbrechtlichen Thematik.
Das Gesetz kennt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) drei Arten der Nachlasspflegschaft:
Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft kann erfolgen, wenn ein Bedürfnis besteht, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Ein solches Bedürfnis kann bestehen, wenn der Erbe unbekannt ist oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat. Eine Anordnung ist zudem möglich, wenn vor der Annahme der Erbschaft ein Sicherungsbedürfnis besteht.
Kein Bedürfnis zur Sicherung des Nachlasses besteht, wenn ein Testamentsvollstrecker zur Verwaltung des Nachlasses befugt ist und das Amt angenommen hat.
Liegen die Voraussetzungen der Nachlasspflegschaft nur für den Anteil eines Miterben vor, wird die Nachlasspflegschaft nur für diesen Teil angeordnet (sogenannte Teilnachlasspflegschaft).
Besteht ein Bedürfnis zur Sicherung des Nachlasses, wird die Nachlasspflegschaft vom Nachlassgericht von Amts wegen angeordnet. Die Bestellung eines Nachlasspflegers kann beim Nachlassgericht lediglich angeregt werden.
Beantragt werden kann die Bestellung eines Nachlasspflegers von einem Nachlassgläubiger, um eine Forderung gegen den Nachlass gerichtlich geltend machen zu können. Die Bestellung erfolgt dann zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs (§ 1961 BGB).
Die Frage, ob eine Nachlasspflegschaft angeordnet wird oder nicht, steht im Ermessen des Nachlassgerichts. Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft erfolgt durch Beschluss, der beispielsweise folgenden Inhalt haben kann:
„In der Nachlasssache der Frau/des Herrn … verstorben am … in …, geboren am … in …, zuletzt wohnhaft … wird Nachlasspflegschaft angeordnet. Zum Nachlasspfleger wird … bestellt. Er/Sie führt die Pflegschaft berufsmäßig. Der Wirkungskreis der Nachlasspflegschaft umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und die Ermittlung der Erben.“
Welche Aufgaben der Nachlasspfleger hat, ergibt sich aus dem Beschluss über seine Bestellung. Neben der Ermittlung der Erben werden dem Nachlasspfleger regelmäßig auch die Ermittlung, Sicherung und Verwaltung des Nachlasses übertragen.
Der Nachlasspfleger hat – soweit ihm dies möglich ist – zu ermitteln, ob ein Testament errichtet wurde. Ist kein Testament errichtet, hat der Nachlasspfleger die gesetzlichen Erben zu ermitteln und ausfindig zu machen.
Der Nachlasspfleger hat alle Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um den Nachlass zu erhalten und die Vermögensinteressen der noch unbekannten Erben wahrzunehmen. Hierzu nimmt der Nachlasspfleger als erstes den Nachlass in Besitz.
Befinden sich Nachlassgegenstände im Besitz Dritter, kann der Nachlasspfleger von diesen die Herausgabe verlangen. Der Nachlasspfleger erstellt ein Verzeichnis über den Nachlass, das er beim Nachlassgericht einreicht. Gegenüber Nachlassgläubigern ist der Nachlasspfleger verpflichtet, Auskunft über den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses erteilen. Er ist jedoch berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach seiner Bestellung zu verweigern. Ist der Nachlass überschuldet, ist der Nachlasspfleger berechtigt, das Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.
Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter des unbekannten Erben und kann als solcher auch Nachlassforderungen gerichtlich geltend machen. Hierbei klagt er dann in Vertretung der Erben.
Die Nachlasspflegschaft wird durch Beschluss des Nachlassgerichts aufgehoben, wenn der Erbe ermittelt ist und die Erbschaft angenommen hat. Hierdurch endet die Nachlasspflegschaft. Der Nachlasspfleger ist dann verpflichtet, den Nachlass an den Erben herauszugeben.
Das Nachlassgericht hat eine natürliche Person als Nachlasspfleger zu bestellen. Bei der Auswahl der Person ist es frei. Mit der Bestellung des Pflegers hat das Nachlassgericht zu entscheiden, ob eine Berufsmäßigkeit der Pflegschaft vorliegt. Falls besondere Gründe vorliegen, kann das Nachlassgericht auch zwei oder mehr Nachlasspfleger als Mitpfleger bestellen.
Da der Nachlasspfleger gesetzlicher Vertreter der Erben ist, werden seine Handlungen den Erben zugerechnet. Gegenüber den Erben haftet der Nachlasspfleger nur bei schuldhafter Pflichtverletzung. Eine Nachlasspflegschaft sollte vom Nachlassgericht also auch deswegen in professionelle Hände gegeben werden.