Die Erbenhaftung ist ein erbrechtliches Minenfeld!
Das deutsche Erbrecht geht in § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) von der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge (auch Universalsukzession) aus. Dies bedeutet, dass das Vermögen als Ganzes, das heißt sämtliches positives Vermögen, aber auch negatives Vermögen, auf den oder die Erben übergeht.
Während manche Schulden des Erblassers, wie zum Beispiel die Verpflichtung zum Kindesunterhalt, mit dem Tod des Erblassers erlöschen, gehen die Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1967 BGB auf den oder die Erben über.
Bei den Nachlassverbindlichkeiten wird zwischen Erblasser- und Erbfallschulden unterschieden.
Erblasserschulden sind all die Verbindlichkeiten, die in der Person des Erblassers begründet sind, also vom Erblasser herrühren. Die Schulden können auch erst nach dem Tod des Erblassers entstehen. Erblasserschulden können beispielsweise Darlehensverbindlichkeiten des Erblassers oder Mietschulden des Erblassers sein.
Erbfallschulden sind all die Verbindlichkeiten, die aus Anlass des Erbfalls entstehen. Dies können zum Beispiel Beerdigungskosten oder Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen sein. Erbfallschulden sind aber auch die Kosten, die für gerichtliche oder gerichtlich angeordnete Maßnahmen entstehen, wie zum Beispiel die Kosten der Testamentseröffnung.
Für die Nachlassverbindlichkeiten haftet der Erbe grundsätzlich unbeschränkt, das heißt auch mit seinem Eigenvermögen. Ist der Nachlass überschuldet, stehen dem Erben folgende Möglichkeiten offen, einer Haftung mit seinem Eigenvermögen für die Nachlassverbindlichkeiten zu entgehen.
Gemäß § 1944 BGB hat der Erbe die Möglichkeit, die Erbschaft binnen sechs Wochen auszuschlagen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht.
Ist sich der Erbe jedoch nicht sicher, ob der Nachlass überschuldet ist oder ist die Ausschlagungsfrist bereits abgelaufen, hat der Erbe hat die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Hierzu sieht das Gesetz folgende Möglichkeiten vor:
Nimmt der Erbe eine dieser Möglichkeiten in Anspruch, muss der Nachlass zur Tilgung der Schulden eingesetzt werden, der Erbe haftet darüber hinaus aber nicht mehr mit seinem Eigenvermögen.
Sofern sich nach dem Erbfall die Nachlassgläubiger nicht von selbst an den Erben wenden und Erfüllung ihrer nun gegen ihn zustehenden Forderung verlangen und dem Erben Bestehen und Höhe der Nachlassverbindlichkeiten nicht klar sind, hat der Erbe zur Klärung der Nachlassverbindlichkeiten die Möglichkeit, beim Amtsgericht die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zu beantragen.
In diesem Verfahren fordert dann das Gericht die Nachlassgläubiger auf, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist anzumelden. Durch Aushang an der Gerichtstafel, Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger und gegebenenfalls in Tageszeitungen wird das Aufgebot öffentlich bekannt gemacht. Am Ende des Aufgebotsverfahrens steht der Ausschließungsbeschluss nach § 1973 BGB. Gegenüber Gläubigern, die sich nicht rechtzeitig gemeldet haben, kann der Erbe dann die Leistung insoweit verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft ist.
Hat der Erbe innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft einen Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens gestellt und ist der Antrag zugelassen worden, kann er die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeit bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens verweigern (§ 2015 BGB).
Auch innerhalb der ersten drei Monate nach Annahme der Erbschaft kann der Erbe die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten verweigern. Dem Erben soll hierdurch die Möglichkeit gewährt werden, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob er eine Haftungsbeschränkung herbeiführen soll (§ 2014 BGB).
Ein Nachlassgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall gegenüber dem Erben geltend macht, wird – auch ohne Durchführung des Aufgebotsverfahrens – wie ein im Aufgebotsverfahren ausgeschlossener Gläubiger behandelt. Der Erbe kann diesem gegenüber die Leistung verweigern, soweit der Nachlass bereits durch die Befriedigung der anderen Gläubiger erschöpft ist. Dem Erben darf die Forderung jedoch nicht vorher bekannt geworden sein und es darf sich um keine im Aufgebotsverfahren angemeldete Forderung handeln (§ 1974 BGB).
Die zuvor genannten Möglichkeiten sind jedoch lediglich vorläufige Einreden. Soll die Haftung dauerhaft auf den Nachlass beschränkt werden, muss entweder eine Nachlassinsolvenz oder eine Nachlassverwaltung beantragt werden.
Wird der Erbe nach Annahme der Erbschaft gerichtlich von einem Nachlassgläubiger in Anspruch genommen, führen die vorgenannten Einreden zwar nicht zur Abweisung der Klage, durch einen Vorbehalt der genannten Einreden kann der Erbe jedoch erreichen, dass er nur unter dem Vorbehalt der beschränkten Haftung verurteilt wird. Bei den Einreden aus den §§ 2014 und 2015 BGB muss der Nachlassgläubiger Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Vorbehaltsurteil dann auf Sicherungsmaßnahmen beschränken. Die Erbenhaftung ist demgemäß eingeschränkt.