Abstandsmessung auf der Autobahn – Sie sollen zu dicht aufgefahren sein! Lohnt sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid?
Gerade auf Autobahnen bei hohen Geschwindigkeiten kann Drängeln und zu dichtes Auffahren auf den Vordermann schwerwiegende Folgen haben. Es handelt sich dabei auch nicht um Kavaliersdelikte, sondern scharf sanktionierte Ordnungswidrigkeiten. Abstandsunterschreitungen sind nach Geschwindigkeitsüberschreitungen und Rotlichtverstößen die am häufigsten geahndete Verkehrsordnungswidrigkeit.
Aber nicht in jeder Konstellation ist ein zu dichtes Auffahren vorwerfbar. Hier erfahren Sie alles Wissenswerte!
Ihnen wird von der Bußgeldstelle vorgeworfen, zu dicht aufgefahren zu sein und nun möchten Sie wissen, ob sich ein Einspruch gegen Ihren angeblichen Abstandsverstoß lohnt? Hier erhalten Sie die wichtigsten Informationen zum Thema "Abstandsmessung auf der Autobahn".
Die Abstandsmessung auf der Autobahn verfolgt einen sinnvollen und geradezu ehrbaren Grund: Sie soll Leben retten. Denn wer den Mindestabstand nicht einhält, gefährdet die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer und riskiert Unfälle mit schwerwiegenden Folgen für Leben, Leib und Eigentum. Dies gilt für den Sicherheitsabstand zum Vordermann sowohl innerorts, über Land, aber vor allem auf der Autobahn. Hier sollen Abstandsmessungen dafür sorgen, die Anzahl der Toten und Verletzten möglichst weit zu reduzieren.
Denn nur, wenn die Abstände im Straßenverkehr groß genug sind, hat der Fahrer ausreichend Zeit zum Bremsen und Stoppen. Dieser Gedanke ist auch gleichzeitig die Prämisse für die Regelungen in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Während die StVO klare Vorschriften zu einzuhaltenden Abständen für Lkws und Omnibusse bereithält, fehlt es an genauen Angaben für den Pkw-Fahrer. In § 4 Abs. 1 StVO heißt es lediglich, dass der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug so groß sein soll, „dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird.“
Innerorts muss der Fahrer mindestens eine Sekunde benötigen, um den Vordermann zu erreichen. Bei der maximal erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h ergibt sich danach ein Mindestabstand von ca. 15 Metern, was wiederum etwa drei Fahrzeuglängen entspricht.
Außerorts, insbesondere für das Fahren auf der Autobahn, gilt die Faustformel des halben Tachowertes. Dieser ist im Übrigen auch gleichzeitig Bemessungsgrundlage für die Strafen nach dem Bußgeldkatalog. Danach muss der Fahrer auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h einen Sicherheitsabstand von mindestens 50 Metern einhalten. Als Hilfestellung kann der Abstand auch mit der Zwei-Sekunden-Regel mitgezählt werden. Innerhalb von mindestens zwei Sekunden muss die zurückgelegte Strecke zum Vordermann gefahren werden können.
Visuelle Hilfe: Wer sich bei der Abstandsmessung auf der Autobahn im sicheren Bereich wähnen will, kann sich leicht an den Leitpfosten orientieren, die am Fahrbahnrand in regelmäßigen Abständen von 50 Metern postiert sind.
Wie erwähnt sind in der StVO, im Gegensatz zum Pkw, für Lkw und Omnibus klare Abstandsvorschriften geregelt. Nach § 3 Abs. 3 StVO gilt für die bedeutend schwereren Fahrzeuge aufgrund ihres verlängerten Bremsweges ein Mindestabstand von 50 Metern bereits bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Ein Pkw dürfte beim gleichen Sicherheitsabstand 100 km/h fahren.
Diese Regelung gilt für alle Lkws ab einer Gesamtmasse von mehr als 3,5 t.
Wer befürchtet, die Abstandsmessung auf der Autobahn nicht zu bestehen, sollte in erster Linie sein Fahrverhalten an die konkrete Verkehrssituation anpassen und den erforderlichen Abstand wiederherstellen. Daneben schadet es ebenfalls nicht, bei Brücken genauer hinzuschauen … Denn der wohl häufigste Fall einer Abstandsmessung auf der Autobahn findet per Kamera an Autobahnbrücken statt. Daneben existieren jedoch noch weitere Messmethoden, um Drängler oder sogenannte Lückenspringer auf den Zahn zu fühlen. Sogar das menschliche Auge (des Polizisten) kann für eine Abstandsmessung ausreichen.
Bei dieser Messmethode werden insgesamt zwei Kameras eingesetzt. Dabei übernimmt eine Kamera die Aufnahmen aus der Ferne, indem sie den fließenden Verkehr überwacht und Aufnahmen macht. Die eingesetzte Software ist für die Ermittlung der Abstände und der Geschwindigkeiten zuständig. Bei der Auswertung können die Aufnahmen und die jeweiligen Abstände genau analysiert werden.
Die zweite bei diesem Messverfahren eingesetzte Kamera erledigt ihren Job aus der Nähe. Mit ihr können der Fahrer und das Kennzeichen des Fahrzeugs erfasst werden.
Ein solches Verkehrskontrollsystem lässt sich auf der Fahrbahn an den weißen Markierungsstreifen erkennen, die der Auswertung dienen. Der Verkehrssünder wird bei dem Verfahren nicht geblitzt und kann vielmehr noch vor Ort angehalten werden. Das Messverfahren gilt insgesamt als präzise, allerdings kommen dem Fahrer Toleranzen zugute, die noch vom ermittelten Abstand abgezogen werden.
Auch bei dieser Variante werden gleich zwei Kameras eingesetzt. Eine hoch an der Autobahnbrücke installierte Kamera erfasst den Verkehr der heranfahrenden Fahrzeuge in einem Referenzfeld von gleich mehreren hundert Metern. Eine zweite Kamera nimmt das Geschehen aus der Nähe auf. Sobald die Polizisten im Einsatz von einem Abstandsverstoß ausgehen, wird ein an der Fahrbahn installierter Blitzer betätigt, der das Fahrzeug aufnimmt und somit identifiziert.
Bei dem Vorgang werden einzelne Bilder angefertigt, anhand derer die Polizisten bei der Auswertung erkennen können, ob tatsächlich ein zu kurzer Abstand vorlag.
Gleichzeitig kann bei der Videoabstandsmessung auch die Geschwindigkeit ermittelt werden. So können die Beamten feststellen, ob sich der Abstand – wie z. B. nach einer plötzlichen Bremsung – nur kurzeitig ergab. Um Ungenauigkeiten beim Messvorgang zuvorzukommen, wird hier meist eine Toleranz von drei Metern eingeräumt.
Einen ganz anderen Fall stellt die mobile Videoüberwachung dar. Hier folgt ein Polizeiwagen in Zivil einem anderen Fahrzeug auf der Autobahn und zeichnet dessen Fahrverhalten per Video auf. Da dieses Aufzeichnungsgerät nicht fest installiert ist, kann der „verdächtige Fahrer“ über eine längere Strecke hinweg beobachtet und nicht nur an einem Ort überprüft werden.
Wie funktioniert die mobile Videoüberwachung genau? Hier wird eine Sensormessung vorgenommen, wobei die polizeilichen „ProViDa“-Fahrzeuge bei gleichbleibendem Abstand zum Vorausfahrenden dessen Geschwindigkeit registrieren können. Die durch die Sensortechnik erstellte Aufnahme erlaubt wiederum die Ermittlung der jeweiligen Abstände.
Was sich für die Polizeibeamten als vorteilhaft darstellt, ist für den Fahrer mit zu wenig Abstand eher von Nachteil: Er kann unmittelbar vor Ort gestellt und zu seinem Fahrverhalten befragt werden.
Ob man als Fahrer zu dicht aufgefahren ist und den erforderlichen Mindestabstand nicht eingehalten hat, dürfen Polizisten auch gänzlich ohne Gerätschaften überprüfen. Denn eine Abstandsmessung auf der Autobahn ist auch mit (geschultem) Augenmaß per Schätzung möglich. Da bei dieser Messmethode Ungenauigkeiten in der Natur der Sache liegen, sind eingeräumte Toleranzen von bis zu 30 % keine Seltenheit. Die Anfechtung eines entsprechenden Bußgeldbescheids durch einen Rechtsanwalt für Verkehrsrecht kann sich in solchen Fällen durchaus von Erfolg gekrönt sein.
Wer als Verkehrsteilnehmer beim Abstand zu seinem Vordermann mindestens die Hälfte seines Tachowertes einhält, hat an Sanktionen nichts weiter zu befürchten. Diese Regel gilt innerorts und auf Autobahnen sowie bei jeder gefahrenen Geschwindigkeit. Bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h sollte der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug demnach mindestens 60 Meter betragen. Dieser Richtwert liegt den Berechnungen des Bußgeldkatalogs zugrunde. Danach werden zu geringe Abstände allerdings erst dann geahndet, wenn sie unter 5/10 des halben Tachowertes liegen.
Beispiel: Ein Pkw fährt auf der Autobahn 140 km/h. Die Hälfte des halben Tachowertes beträgt demzufolge 35 Meter.
Hälfte von 140 km/h = 70 m
5/10 von 70 m = 35 m
Im Bußgeldkatalog sind insgesamt vier Geschwindigkeitsspannen aufgeführt, die unterschiedliche Bußgelder nach sich ziehen. Bei Abstandsverstößen unterhalb von 80 km/h fallen die Bußgelder mit maximal 35 Euro eher moderat aus. Ab einer Geschwindigkeit von 80 km/h fallen die Bußgelder erheblich höher aus – inklusive Punkte in Flensburg!
In der folgenden Tabelle sind die verschiedenen Geschwindigkeitsbereiche mit den entsprechenden Bußgeldern wegen Abstandsmessung auf der Autobahn aufgelistet:
Welche Strafe droht bei zu geringem Abstand unterhalb von 80 km/h? Wer etwa bei einer Abstandsmessung auf der Autobahn einen Verstoß begeht, riskiert zumindest weder Punkte in Flensburg noch ein Fahrverbot. Abstandsverstöße bei weniger als 80 km/h fallen pauschal mit 25 € recht gering aus. Eine Bußgelderhöhung erfolgt entweder bei zu kurzem Abstand mit Gefährdung (30 €) bzw. bei einer mitverursachten Sachbeschädigung (35 €).
Tatbestand | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot | Lohnt ein Einspruch? |
---|---|---|---|---|
Abstandsverstoß mit weniger als 80 km/h | 25 Euro | — | — | Hier prüfen |
… mit Gefährdung | 30 Euro | — | — | Hier prüfen |
… mit Sachbeschädigung | 35 Euro | — | — | Hier prüfen |
Tatbestand | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot | Lohnt ein Einspruch? |
---|---|---|---|---|
Abstandsverstoß mit mehr als 80 km/h | Hier prüfen | |||
… Abstand weniger als 5/10 des halben Tachowertes | 75 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 4/10 des halben Tachowertes | 100 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 3/10 des halben Tachowertes | 160 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 2/10 des halben Tachowertes | 240 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 1/10 des halben Tachowertes | 320 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
Tatbestand | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot | Lohnt ein Einspruch? |
---|---|---|---|---|
Abstandsverstoß mit mehr als 100 km/h | Hier prüfen | |||
… Abstand weniger als 5/10 des halben Tachowertes | 75 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 4/10 des halben Tachowertes | 100 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 3/10 des halben Tachowertes | 160 Euro | 2 | 1 | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 2/10 des halben Tachowertes | 240 Euro | 2 | 2 | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 1/10 des halben Tachowertes | 320 Euro | 2 | 3 | Hier prüfen |
Tatbestand | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot | Lohnt ein Einspruch? |
---|---|---|---|---|
Abstandsverstoß mit mehr als 130 km/h | Hier prüfen | |||
… Abstand weniger als 5/10 des halben Tachowertes | 100 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 4/10 des halben Tachowertes | 180 Euro | 1 | — | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 3/10 des halben Tachowertes | 240 Euro | 2 | 1 | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 2/10 des halben Tachowertes | 320 Euro | 2 | 2 | Hier prüfen |
… Abstand weniger als 1/10 des halben Tachowertes | 400 Euro | 2 | 3 | Hier prüfen |
Gerade junge Fahranfänger ohne Erfahrung im Straßenverkehr sollten sich genau an die Vorschriften der StVO halten. Auch wenn dieser Anspruch an das eigene Fahrverhalten grundsätzlich für alle Verkehrsteilnehmer gilt, so haben die sogenannten A- oder B-Delikte neben hohen Bußgeldern meist weitreichende Folgen. Begeht man mit seinem Führerschein in der Probezeit einen A-Verstoß kann sogar der Entzug der Fahrerlaubnis drohen!
Wer als Fahranfänger in der Probezeit bei einer Abstandsmessung auf der Autobahn negativ auffällt, begeht damit ein A-Delikt. Ein derartiger, schwerwiegender Verstoß hat für den Verkehrsneuling scharfe Konsequenzen:
Ansonsten gelten die gleichen Bußgelder wie für alle anderen Verkehrsteilnehmer bei Abstandsmessungen auf der Autobahn. Auch in der Probezeit erhält der Fahranfänger demnach einen Punkt in Flensburg, wenn er bei einer Geschwindigkeit von über 80 km/h einen Abstand von weniger als der Hälfte des halben Tachowertes einhält. Auch in punkto Bußgelder sieht der Bußgeldkatalog keine extra Erhöhungen für Fahranfänger vor.
Ja, diese Pflicht hat man als Verkehrsteilnehmer auch dann, wenn man am zu geringen Abstand keine Schuld trägt. Gerade auf der Autobahn sind solche Situationen gut bekannt: Während man selbst den Mindestabstand zum Vorausfahrenden einhält, wird dieser wegen neu einscherenden Fahrzeugen urplötzlich sehr kurz. Meist so kurz, dass man bei einer Abstandsmessung auf der Autobahn erfasst würde.
Dennoch ist man in dem Moment gehalten, den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand wiederherzustellen. Natürlich darf man auch dann nicht zum Eisenfuß werden und eine Vollbremsung hinlegen! Selbstverständlich muss man während des Bremsvorgangs auf den nachkommenden Verkehr achten, um Auffahrunfälle zu vermeiden. In jedem Fall ist man verpflichtet, den Mindestabstand innerhalb von drei Sekunden wiederherzustellen.
Diese Zeitspanne gilt jedoch nur bei Geschwindigkeiten bis 160 km/h. Denn darüber würde man in drei Sekunden eine zu lange Strecke zurücklegen. Aus diesem Grund muss der Fahrer bei hohen Geschwindigkeiten – auch bei plötzlich auftretenden „Lückenspringern“ – den Mindestabstand innerhalb von nur einer Sekunde wiederherstellen.
Sobald der Bußgeldbescheid ins Haus geflattert ist, hat man zwei Wochen Zeit, um dagegen Einspruch einzulegen. Angriffspunkte, die für einen Erfolg sprächen, gibt es rein theoretisch genug. Denn allein die technischen Einrichtungen bzw. verwendeten Gerätschaften arbeiten nicht immer fehlerfrei. Ob man im konkreten Fall eine gute Chance hat, mit dem Einspruch durchzukommen, kann der Fachanwalt für Verkehrsrecht am ehesten beurteilen. Er kann die rechtliche Situation dank seiner Expertise seriös einschätzen und abwägen, ob ein Einspruch Aussichten auf Erfolg haben wird oder eher nicht.
Neben den technisch bedingten Messfehlern bei der Abstandsmessung auf der Autobahn sind Formfehler im Bußgeldbescheid einer der häufigsten Gründe, weswegen ein Einspruch Sinn machen kann. So etwa, wenn der falsche Name angegeben wurde oder das Kennzeichen nicht korrekt zugeordnet werden konnte.
Darüber hinaus sind folgende Punkte zu erwähnen, die ebenfalls die Richtigkeit eines Bußgeldbescheids infrage stellen können:
All diese potenziellen Fehlerquellen können vom Anwalt ausfindig gemacht und bemängelt werden. Denn er ist berechtigt, Akteneinsicht zu beantragen. Dabei ist zu bedenken, dass Messfehler oder falsche Auswertungen sehr häufig vorkommen. Teilweise wird davon ausgegangen, dass beinahe jeder zweite Bußgeldbescheid fehlerhaft erstellt wurde. Aus diesen Gründen ist ein Einspruch bei der Abstandsmessung auf der Autobahn grundsätzlich eine Überlegung wert – insbesondere dann, wenn ein Fahrverbot droht.
Wenn Sie als Betroffener einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid wegen eines Abstandsverstoßes erhalten haben sollten, lassen Sie die Messung nach Akteneinsicht durch einen im Verkehrsrecht versierten Anwalt prüfen. Sollten Sie zudem auch noch rechtsschutzversichert, insbesondere verkehrsrechtsschutzversichert sein, werden die Kosten für eine anwaltliche Verteidigung in aller Regel von Ihrer Rechtsschutzversicherung übernommen.
Lassen Sie sich nach einer Abstandsmessung auf der Autobahn von uns helfen!